Fähre 1650 – 1828

  1. Teil 1650 – 1829

Fährstelle:

Irgendwann im 17. Jahrhundert muss die Fährstelle von ihrem Standort im Bargener Koog (Gifthof) verlegt worden sein. Am 21. September 1695 schreibt der Amtmann von Gottorf, Friedrich Rantzow, einen Brief an den Kirchspielvogten zu Erfde, B. Petersen, dass “ dem bestellten Fährmann zu Bargen im Kirchspiel Erfde bei 20 Thaler unerbittlicher Strafe“ u.a. verboten wird, an einem anderen als dem angesetzten Orte (auf Dithmarscher Seite) an- und abzulegen. Insbesondere die Dorfschaft Schwienhusen, klagt über die Beschädigung ihrer Deiche. Am 22. September 1695 informiert der Erfder Kirchspielvogt den Fährmann Thomas Claussen.

thomasclaussen1695

Damit wird deutlich: Die Fährstelle auf Dithmarscher Seite liegt nicht mehr Delve gegenüber; sie liegt jetzt – von der Dithmarscher Seite aus gesehen – Bargen gegenüber und benutzt Deiche bzw. Vorland, für die die Dorfschaft Schwienhusen zuständig ist. Die Klagen über die Beschädigung der Deiche und auch des Deichvorlandes (Aussendeichsland) häufen sich in den folgenden Jahren. Worum es geht, wird durch einer Beschreibung des Fährwegs aus dem Jahre 1821 deutlich, die wir durch eine Karte ( Karte 1) ergänzen.

Beschreibung des Fährwegs 1821 (1 Ruthe ungefähr 5 Meter)

„Ganz im Vorgrunde kömmt der Weg von Erfde her, geht durchs Dorf Bargen und mitten im Dorfe rechts abbiegend und das Fährhaus ziemlich weit linker Hand liegen lassend, nach der … Fährstelle … hinunter. Jenseits der Eider führt dieser Weg durch den 60 Ruthen breiten Delver Außendeich, über den Delver Deich, und so ferner rechts unterm Deich 229 Ruthen lang bis an den hohen Delver Damm und so weiter nach Hollingstedt und Heide .

Dieser Fährweg diesseits und jenseits hat folgende bedenklichen Beschwerden und Nachtheile.

  1. Der Weg vom Dorfe Bargen nach der bisherigen Fährstelle A geht durch einen schla mmigen Außendeich, der jemehr er befahren wird, desto tiefer besonders bei regnerischer Witterung (er) wird.
  2. Hier bei A müßen die Wagen halten bleiben und die Fuhrleute 83 Ruthen Weges nach dem Fährhause laufen, um den Fährmann zu holen, wenn dieser nicht gerade vor der Thüre oder dem Fenster steht und den angekommenden Wagen schon bemerkt hat.
  3. Von diesem und erheblichen Aufenthalte wird nun der Wagen über den Strom gebracht, und muß nun in einer Länge von 60 Ruthen sich durch den sehr niedrigen und bei nicht höchst trockener Witterung leicht grundlos werdenden Außendeich zu arbeiten suchen bis er an und über den Deich kömmt. Hier erwartet ihn wieder ein 229 Ruthen langer, schmaler, höchst tiefer unmittelbar unterm Deich fortlaufender Weg, welcher zurückgelegt, er sich bei regnerischen Witterung ohne stecken zu bleiben, oder um genauer sein zu dürfen, glücklich schätzt.
  4. Bei der bisherigen Fährstelle A ist gerade die stärkste Krümmung der Eider mithin die stärkste Strömung, welche noch durch den darauf stoßenden (stehenden) Nord= und Nordwestwind bedenklich vermehrt wird, und welche Strömung, oder besser noch Strudel den Fährkahn trotz der größten Vorsicht und Anstrengung, so wird versetzt (?), daß der Fährpächter am jenseitigen Ufer zwei Anfahrten mittels Steinpflaster ein für die Fluth und ein für die Ebbe hat anlegen und unterhalten müssen; wie auch auf der Charte bemerkt worden.
  1. Der Delver Außendeich liegt niedrig und wird nicht selten bei mäßiger Flut überschwemmt. Einen Fährdamm, der übrigens für die Delver mit bedeutlichen Kosten verbunden sein würde, gibt es nicht, was ist also natürlicher, als daß jeder die Fähre passierender Wagen sich die besten festesten Stellen aussucht und durch dieses hin und herfahren der Außendeich zum großen Schaden des Dorfes Delve ganz ruiniert wird, welcher Außendeich den Delver Eingesessenen nicht sowohl zu ihrer Gräsung, als, welches noch wichtiger ist, als unentbehrliches Material zur … ihrer Deiche ein …..sein muß. Daher ist die Klage der Delver über das Werfahren ihres Außendeichs gewiß eine wohl begründete, der aber nur auf zwei Wegen abzuhelfen sein dürfte, entweder durch die kostbare Schlagung eines breiten und hohen Fährdamms durch den Außendeich, oder Verlegung der diesseitigen Überfahrtsstelle.
  2. Haben sich die Wagen durch diesen Außendeich und dessen furchtbare Löcher mit steter Gefahr des Festfahrens oder Umwerfens hindurch und über den Deich gearbeitet, so ist der 229 Ruthen lange schmale Marschweg bis nach den drei Häusern, die auf dem Deich stehen,

noch ein fortwährender Gegenstand eines zu besorgenden Unfalls für die Reisenden. Diesen Weg, wie doch nothwendig wäre, mit Kiessand aufzufahren, dürfte nicht so leicht sein und eine noch schwerere Aufgabe, ihm die gehörige Breite zu verschaffen“.

Die geschilderten Nachteile sind der Grund dafür, dass der Fährweg 1829 in die Bargener Südermarsch verlegt wird.

Karte 1 zu den Fährwegen

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Das Fährboot

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Aus einem Bericht über eine Besichtigung 1822: “ Der große Kahn ist 23 Fuß 2 Zoll (rund 7 m) lang und zwischen Bord 11 ½ Fuß ( rund 3,35) breit, hat die Einrichtung, dass der Wagen mittels zweier von einem Bord ans Ufer übergelegten Kehlbäume rückwärts eingeschoben, mit den Hinterrädern auf dem Boden des Kahns an dessen Seitenbord gelehnt und mit den Vorderrädern oben auf dem entgegengesetzten Seitenbord, immer in den Kehlbäumen bleibend zu stehen kommt, welche Lage dem Wagen nach dem Augenmaße eine …. (Schräge,cc) von 15 bis 20 Grad zu geben scheint. :/NB ebenso verhält es sich mit dem Süderstapeler Fährkahn/:

Dem ungeübten Auge dürfte diese Stellung des Wagens gefährlich scheinen, welches doch eben nicht der Fall ist, wenn man jene genauer untersucht, und die Erfahrung berücksichtigt, welcher zufolge jene Stellung des Wagens noch nie ein Unglück herbeigeführt hat. Schlimmer, und wo möglich zu vermeiden, dürfte der Umstand sein, dass die vorher vom Wagen entfesselten Pferde neben dem mit der Deichsel in die Lauft ragenden Wagen über das circa 2 Fuß (rund 60 cm) hohe Bord in den Kahn hinein springen müssen, wozu manche Pferde nur mit Mühe und nicht ohne Gefahr zu bringen sind. Daher dürfte die Vertauschung des Kahns mit einem Prahm sehr wünschenswert sein….. Doch muß auch der Kahn beibehalten und nicht abgeschafft werden, da ein Prahm beim Eisgange gar nicht zu gebrauchen ist. (Eine Prahm wurde nach 1828 angeschafft, siehe dort.)

Die Fährpächter

Nach 1650 ist es weiterhin die Familie Thomsen/Claussen, die den Fährpächter stellt. 1658 und auch noch 1680 (dort explizit als Fehrmann) finden wir einen Claus Thomsen in den Unterlagen.

clausthomsen1658

clausthomsen1680

Ihm folgt sein Sohn Thomas Claussen, den wir 1695 nachweisen können.

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Die älteste Tochter von Thomas Claussen mit Namen Gretje Claussen heiratet einen Jürgen Bruhn, der um 1703/1704 die Fähre übernimmt. In einer Dorfbeschreibung (LAS 7/4419) aus dem Jahre 1705 findet sich die häufig zitierte Feststellung :“ Die hiesige Fähre hat Jürgen Bruhn geheuert, gibt 20 Mark jährlich an den Kirchspielvogt.“ Aus dieser Bemerkung wird häufig auf eine mehr als 300jährige Geschichte der Fähre geschlossen.

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Kurz danach wurde die Fähre an einen Frenz Frenzen verpachtet. Das wissen wir zum einen aus einem Inventarverzeichnis aus 1709 (LAS //4422) und einer Bitte von Jürgen Bruhn auch aus 1709, ihm die Fähre wieder zu überlassen.

Inventarverzeichnis

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Bitte von Jürgen Bruhn

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In der Bitte des Jürgen Bruhn  erfahren wir – so seine Formulierung – , dass  “ bei Zeiten Henning Peter Hasche er davon (gemeint ist von der Fähre,cc) abgetrieben wurde“. Es klingt, als ob Frenz Frenzen bessere Beziehungen zum Kirchspielvogten als Verpächter (und Genießer der Fährpacht) gehabt habe. ( 2 weitere Bemerkungen: Jürgen Bruhn weist daraufhin, dass 1709 die Kirchspielvogtei abgeschafft sei, also dann die Verpachtung durch das Amtshaus zu Gottorf vorgenommen wurde. Eine weitere Bemerkung: Jürgen Bruhn sagt, dass seine Hausstelle am nächsten zur Fähre liegt – ein Hinweis auf den vermutlichen Standort Freden, heute Rainer Hinrichs).

Jürgen Bruhn hat dann ca. 1710 wieder die Fähre gepachtet.

Für 1741 finden wir die Bemerkung bei Moritz (Chronik Erfde, S. 354), dass der Fährpächter „Thomas Bruhn laut Pachtkontrakt vom Jahre 1741 20 Thaler Courant zu entrichten“ hatte; „er hatte auch zugleich im Fährhause Brau- und Krügerei-Gerechtsame.“ Thomas Bruhn war der älteste Bruhn von Jürgen Bruhn; den Vornamen Thomas wurde nach dem Vater der Mutter (Thomas Claussen) gewählt.  Thomas Bruhn starb um 1746;  sein Nachfolger als Fährpächter wurde sein Bruder Hans Bruhn.

Im Familienbuch von Erfde aus dem Jahre 1768 (Clodius Aufzeichnung) finden sich 2 Personen, die sich aktuell als Fährmann bezeichnen.

Da ist zum einen der erwähnte Hans Bruhn, wo es unter Nr. 48 (Bargen und Scheppern) heißt:“ Der Mann Hans Bruhn Fehrmann in Bargen. Der Vater Jürgen Bruhn Fehrmann in Bargen. Die Mutter Gretje. Die Frau Trienke Schroeders. Des Jacob Schroeders aus Meggerdorf Tochter. Kind Gretje geb. 09. Aug. 1758.“

Unter Nr. (Bargen und Scheppern) finden wir folgenden Eintrag:“ Der Mann Jürgen Rahn, geg. 1727 Fehrmann in Bargen. Der Vater Johann Rahn in Meggerkog. Die Mutter Trienke geb. Jünkens in Meggerkog. Der Großvater Otto Rahn Hausmann in Meggerdorf. Die Großmutter Gretje. Die Frau Stienke Sophie geb. 1732. Der Vater Asmus Kalsen Hausmann in Meggerdorf. Die Mutter Ann Stiene. (folgen 5 Kinder).“

1768 gab es zwei Personen, die sich als Fährmann bezeichnen. Es mag sein, dass Hans Bruhn, weil vermutlich ohne männlichen Erben, bereits Jürgen Rahn eingearbeitet hat und dieser die Fährstelle dann pachtete.

Das würde auch mit dem Eintrag im Bargener Gildebuch übereinstimmen. 1771 wird Jürgen Rahn in die Gilde mit einer halben Bitte aufgenommen. Halbe Bitte bedeutet, dass es sich um einen Käthner handeln musste. Vermutlich hat Jürgen Rahn auch die Kathe von Hans Bruhn übernommen (unbedingt prüfen in Las Landesrechnungen Stapelholm).

Eintrag Gildebuch

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Überprüfen: LAS 170 Amtsrechnung von 1760 an, wer Erbe von Hans Bruhn (Steuerlisten).

Dabei auch unter Beilagen die Pachtbriefe (concessionen).

Der am 27.09.1760 geborene Asmus Rahn pachtet die Fähre ab ca. 1794/1795. Am  14.Mai 1795 tritt er mit weiteren Personen in die Gilde ein („auf seines Vorwesers Stuhl“).

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Nach einer Ausschreibung aus dem Jahre 1799 (LAS 74/82) erhielt er ab Martini (11.11.)  1800 die Fährpacht auf Lebenszeit (vorher 6 Jahre).

Die Concession:

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Die königliche Bestätigung (Christian VII.):

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Asmus Rahn starb am 12. Febr. 1818. Er war in erster Ehe mit Christina Magdalena Kunst und in 2. Ehe mit Ingeborg Erichsen (Gildebuch: Asmus Rahns Witwe; geht erst 1824 ab.)  verheiratet.

Sein Nachfolger als Fährpächter wurde sein ältester Sohn Jürgen Rahn (Gildeeintritt 1820). Er starb – 30 Jahre alt – am 16. April 1823 und hinterließ drei unmündiger Kinder. In einem Bericht aus dem Jahre 1823 heißt es: „…Jürgen Rahn ist ein… rascher, thätiger, sachkundiger Mann…er zuweilen Fußgänger etwas länger aufhalte in der Hoffnung, dass noch mehrere nachkommen könnten und et mithin durch einmaliges Übersetzen gedoppelt und dreifach verdienen könne…“.

Seine Witwe Engel geb. Niestadt stammte aus einer Schmied – Familie, die in Scheppern/Bargen heimisch wurde – ursprünglich stammt sie aus Sachsen-Anhalt.

Die Stelle des Fährpächters wurde neu ausgeschrieben. Die Witwe bittet darum, zusammen mit ihrem Schwager Johann Jochim Rahn die Fähre betreiben zu dürfen. Es melden sich auch andere Bewerber, alles Schiffer aus Bargen und Tielen. Die Pacht der Fähre scheint auch ökonomisch interessant zu sein. Letzten Endes wird eine Entscheidung zugunsten der Rahns gefällt. Es wird eine salomonische Lösung gefunden: Der Bruder von Asmus Rahn – Johann Jochim Rahn, geb. 10.01.1798 – wird neuer Fährpächter; er heiratet die Witwe seines Bruders und wird der Stiefvater der drei unmündigen Kinder. Vielleicht muss er auch heiraten, denn nach der Eheschließung am 30. April 1924 kommt noch 1824 die erste Tochter zur Welt.

Engel Niestadt/Johann Jochim Rahn

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Alles weitere über Johann Jochim Rahn im dritten Kapital 1829-1961

Noch ein Hinweis zum 2. Kapital:

Es gibt aus dieser Zeit zwei weitere interessant Aktenstücke. 1821 bitten die Vorsteher des Kirchspiels Erfde, „Pferde und Hornvieh mit der Bargen-Fähre über die Eider setzen zu dürfen“. Der Hintergrund: Es gab es eine Bestimmung, daß exportiertes Vieh nur über Süderstapel, später nur über Friedrichsstadt bzw. – ausnahmsweise – Hohner Fähre,  transportiert werden durfte. Damit hängt wohl auch zusammen, daß der Fährmann Rahn 1825 Brüche über 16 Thaler zahlen musste(heute würden wir Ordnungswidrigkeiten sagen oder Bußgeld),  weil er unerlaubt Waren über die Eider transportiert hatte.

 

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